Wieder wird es kalt und windig im Wald um den Flughafen Frankfurt am Main.
Wie hat es vor etwas mehr als 80 Jahren auf dem jetzigen Flughafengelände ausgesehen?
Damals war noch alles voller Wald mit dicht stehenden, gesunden Bäumen, vielfältigen Biotopen und ungestörten Lebewesen. Jetzt ist alles voll mit Flughafen, kapitalistischer Infrastruktur, Autobahnen, Zugstrecken, Flugzeugen. Die Luft ist schlecht und Lärm ist allgegenwärtig, auch im Wald. Durch die heiße Luft, die sich über dem Flughafen ballt, regnet es in den angrenzenden Ortschaften und Waldstücken sehr selten. Der Wald, der noch nicht dem Ausbau des Flughafens zum Opfer gefallen ist, leidet stark unter der Belastung durch den Flughafen. Ebenso viele Anwohnende, die von Fluglärm und Abgasen betroffen sind.
Im Jahr 1936 wurde der Flughafen Frankfurt am Main erstmals eingeweiht, bis 1945 gab es einen verstärkten Ausbau, bei dem Kriegsgefangene und KZ Inhaftierte in den Tod getrieben wurden. In den folgenden Jahren wuchs der Flughafen stetig und ungestört weiter, bis es 1978 zu den ersten Demonstrationen mit einigen 1000 Menschen kam; diese richteten sich gegen den geplanten Bau der Startbahn West. Die bestehenden Bürgerinitiativen bekamen mehr Zulauf und aus der Zusammenarbeit zwischen bürgerlichen und linksradikalen Menschen entstand 1980/81 das erste Hüttendorf in dem Waldgebiet, welches heute Asphalt, Startbahn und Gestank ist. Bis zum Baubeginn der Startbahn im Jahr 1984 wurden mehrere 10.000 Menschen im und für das Hüttendorf aktiv. Die Polizei ging sehr gewalttätig gegen die Besetzenden vor; in Reaktion darauf kam es vonseiten der Aktivist*innen immer wieder zu militanten Aktionen, welche von einer großen Masse getragen wurden. Bereits damals wurde von Politik und Flughafengesellschaft zugesichert, dass in Zukunft für den Flughafen „kein Baum (…) mehr fallen“ würde (so Börner). Wie sich in der weiteren Geschichte des Ausbaus zeigt und auch an der jetzigen Situation, ist dies wohl lediglich als eine ironische Aussage zur Ruhigstellung der Masse zu betrachten.
1994/95 gab es Auseinandersetzungen um den Bau der Cargo City Süd, in deren Folge bis zu 60 neue Bürgerinitiativen gegründet wurden. 2001 wurde durch das Grenzcamp Kelsterbach auch erstmals geballte Kritik an der Abschiebepraxis des Flughafens formuliert.
Im Mai 2008, zwei Jahre nach dem Baubeschluss der Landebahn Nordwest im Kelsterbacher Wald, wurde ein Teil des betroffenen Waldes besetzt; errichtet wurden Holzhütten und erstmals auch Baumhäuser. Die ersten Flutlichter und Bauzäune zur Eingrenzung des Geländes installierte die Polizei im Januar 2009 zum Beginn der Räumung. Immer wieder wurden brutale Polizeirazzien durchgeführt, aber es gab weiterhin bis zur endgültigen Rodung im September viel Widerstand durch Aktivist*innen in Form von Direkten Aktionen, Sabotage und Demonstrationen gegen die Rodungs- und Bauarbeiten.
Das ist jetzt, im Jahr 2018, etwa neun Jahre her; in der Zwischenzeit wurde fleißig an vielen Ecken und ehemaligen Enden des viertgrößten europäischen Flughafens weitergebaut. Das neueste Großprojekt der Betreibergesellschaft Fraport AG, die größtenteils in Staatsbesitz ist, nennt sich „Terminal 3“ und die Bauarbeiten sind schon in vollem Gange.
Es ist Samstag Nacht, der 6. Januar 2018, eine Hand voll Autos, beladen mit Klettermaterial und Aktivistis fährt in den verregneten Treburer Wald, etwa 500m östlich des Frankfurter Flughafens. Sie wollen die dort von Fraport geplante Rodung des Waldes zwecks des Baus einer Autobahnanbindung für das neue Terminal verhindern.
Es ist nicht viel Wald, aber er steht für den erneuten Ausbau des Frankfurter Flughafens, für die Eröffnung eines weiteren Terminals, an dessen Flugsteigen Fluggesellschaften wie Ryanair, Germanwings und Air Berlin die Passagiermassen auf ihre Billigflüge verteilen. Fluggesellschaften, deren Mitarbeiter*innen prekären Arbeitsverhältnissen ohne gewerkschaftliche Unterstützung ausgesetzt sind.
Seit Jahrzehnten wird der finale Ausbaustand des Flughafens Frankfurt proklamiert, aber es wird immer wieder von Neuem ausgebaut.
Wald als komplexes Ökosystem wird ständig unwiederbringlich vernichtet und die Klimaerwärmung und Belastung durch Feinstaub, Aerosole und Lärm durch die endlose Wachstumsspirale eines globalen Kapitalismus verstärkt.
Die Folgen der Zerstörung scheinen lokal, betreffen aber das Klima global und somit den ganzen Planeten durch Klimakatastrophen wie extreme Dürren oder Überschwemmungen.
90 % der Menschheit steigt niemals in einen Flieger, aber Flugverkehr gehört zu den Klimakillern Nummer eins. Viele denken hier in Europa beim Thema Waldschutz an den Schutz von Regenwald in weit entfernten Ländern, wie beispielsweise in Brasilien. Den Kampf dort solidarisch zu unterstützen und die Beteiligung europäischer Regierungen und Konzerne an (Umwelt-)Verbrechen auch außerhalb Europas aufzuzeigen, ist sehr wichtig. Aber es darf dabei nicht vergessen werden, dass auch hier vorort Ökosysteme vernichtet werden, der Schutz dieser zum Erhalt der Welt beitragen kann und demnach sozusagen direkt vor der Tür Möglichkeiten bestehen, um für Klimagerechtigkeit zu kämpfen.
Hier schon kann mensch Sand im Getriebe des kapitalistischen Systems sein, das Vernichtung weltweit vorantreibt.
Zu Beginn sind es im Treburer Wald noch lediglich einige Hängematten und eine einfache Plattform, daraus erwachsen im Laufe des Jahres Baumhäuser, Tower und Walkways zu einem Netz lebendigen Widerstands.
Menschen und Wesen leben dauerhaft an diesem Ort oder wandern weiter, neue kommen dazu und es entwickelt sich eine lebendige Besetzung.
Selbst ein Brandanschlag, der die Küche sowie andere Bodenstrukturen vernichtet, wird erfolgreich überstanden.
Es wird hier nach und nach ein Freiraum geschaffen, ein Ort an dem Utopie gelebt, gedacht und weiterentwickelt werden kann.
Das Leben im Wald als Form des Widerstandes ist nicht nur eine Aktionsform gegen ein Projekt der Zerstörung und Ausbeutung, sondern auch eine Lebensform; eine ungewöhnliche Möglichkeit zu leben und einen Erfahrungsraum zusammen mit anderen Menschen zu schaffen, in welchem mensch sich mit dem gesellschaftlichen System kritisch auseinandersetzen kann und verschiedene Utopien eines Gegenentwurfs zusammenkommen.
Die Frage, ob die Rodung letztendlich verhindert werden könnte, war stets eine zentrale, aber nicht die einzig wichtige.
Aller Anfang ist schwer und so ist auch der Vergleich bezüglich des Nutzen oder Erfolges der Treburer Besetzung mit einer 6 Jahre alten Besetzung, wie es sie im Hambacher Forst mittlerweile gibt, unangebracht.
Es ist besonders herausfordernd, eine Besetzung über die ersten Wochen und Monate am Leben zu erhalten. Das Gefühl, allein dazustehen, nur wenig Unterstützung und Öffentlichkeit zu haben, zwischenmenschliche Schwierigkeiten innerhalb der Besetzung, ein selbstorganisierter, teilweise sehr anstrengender Alltag ohne viele Bequemlichkeiten.
Ein Leben im Wald geht mit dem Verzicht auf viele alltägliche Dinge einher: vermeintlich unbegrenzt fließendes Wasser, Strom aus der Steckdose, Essen aus dem Supermarkt, Heizung, warmes Wasser, und immer mit dem Internet verbunden zu sein. Diese Dinge sind alle Bestandteile einer kapitalistischen Konsumgesellschaft, die vieles auf Masse produziert, was ständig verfügbar sein muss und dabei nicht nur Mensch und Natur ausbeutet, sondern auch viele ihrer eigenen Produkte wieder achtlos vernichtet. Dass ein Mensch eigentlich nur sehr wenig braucht, um gesund leben zu können, zeigt sich unter anderem, wenn noch gutes Essen aus den Abfall-Containern der Supermärkte und Baumaterial vom Sperrmüll alles Notwendige hergeben; wenn der Strom erneuerbar von der Sonne kommt, ein gehackter Internetzugang Möglichkeit zur freien Kommunikation ermöglicht, Wasser in Kanistern vom Friedhof kommt und wenn Baden im Bach das Duschen ersetzt.
Im Treburer Wald ist es trotz vieler Schwierigkeiten, wie auch der „ungünstigen“ Lage- schon allein durch den Lärm der 300m entfernten A5, der ICE Trasse und des Flughafens war der Treburer Wald kein leichter Ort, um dort dauerhaft zu leben- gelungen, eine dauerhafte Besetzung aufzubauen.
Möglich war dies dank der Solidarität von anderen widerständigen Orten wie dem Hambi und von Menschen, die teilweise seit 40 Jahren gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens und für ihre Utopie kämpfen. Sie unterstützten von Anfang an die Besetzung im Treburer Wald mit Kuchen, Gesellschaft und Kaffee an den Sonntagen, mit Solidaritätsbekundungen auf Demos, mit Geld- und Sachspenden, mit Mut und Hoffnung und einem großen, wertvollen Erfahrungsschatz. Menschen, die von Protesten mit 120.000 Teilnehmer*innen, den Kämpfen um die Hüttendörfer, von Autobahnblockaden, Rückschlägen und Neubeginn berichteten.
Und natürlich wäre nichts möglich gewesen ohne alle weiteren Menschen, die sich entschieden haben, immer wieder auf vielfältige Weise den Wald zu unterstützen oder darin zu leben.
Es gibt viele verschiedene Motivationen, Interessen, Ideale, Visionen, Träume, welche Menschen dazu antreiben, sich für etwas einzusetzen. Jeder Mensch hat eigene Ideen, wie es Morgen weitergehen kann und davon, was gut ist, frei, lebendig, sinnvoll und schön.
Das gilt auch für die Menschen, die seit Beginn der Besetzung im Januar für den Treburer Wald aktiv wurden und es noch immer sind.
Die Motivation zu Widerstand beschränkte sich bei vielen Menschen, die den Treburer Wald am Leben erhalten haben, nicht allein auf den Kampf gegen den Flughafenausbau, sondern zielte auch auf die konkrete Umsetzung eines anarchistischen Freiraums ohne Hierarchien, heteronormative Gesellschaftsmodelle, Zwang und Gewalt mit dem Ziel der Freiheit jedes*r Einzelnen durch die Freiheit aller.
Der Weg zur Verwirklichung dieser Utopien und Ideen erscheint noch lang und ziemlich steinig. Das zeigt sich besonders dort, wo Menschen aus politischen und/oder idealistischen Gründen beschließen, für längere Zeit zusammen zu leben und zu kämpfen. Es ist nicht einfach, sich selbst und einander in extremen Situationen auszuhalten, Verhaltensmuster zu ändern, zu überdenken, immer wieder neu anzufangen und Zeiten von Hoffnungslosigkeit durchzustehen.
Aber umso wertvoller, intensiver und lehrreicher können diese Erfahrungen sein.
Etwa eine Woche vor der Räumung kam nocheinmal ein lieber Mensch zu Besuch im Wald vorbei.
Hier ein Bericht seiner letzten Eindrücke:
„Es ist Herbst geworden, windig und kalt. Endlich regnet es auch mal etwas. Das sind nicht die optimalen Bedingungen für einen Besuch im Treburer Wald. Aber um Antworten auf die Frage zu bekommen, was sich tut und was die BesetzerInnen bei dem Wetter so machen, lohnt sich der Weg in den Wald.
Ich komme vom Zeppelinheimer Bahnhof. Um zum Camp zu gelangen, muss ich die Landesstrasse überqueren, die hier nahe der Cargo City Süd einen Verteilerknoten hat. Das Rüberkommen ist gar nicht so einfach, ein Auto reiht sich an das andere. Ein freundlicher Autofahrer bremst, so das ich wieder in den Wald eintauchen kann.
Der Boden saugt die Feuchtigkeit willig auf. Die meisten Bäume links und rechts des Weges haben Trockenschäden. Aber manche sind noch so grün, als wollten sie die Phase bis zum ersten Frost voll ausnutzen. Dort, wo das Knie der Hurenschneise auf die Autobahn stösst, ist seit einigen Monaten ein Info-Punkt eingerichtet. Dort gibt es Flugblätter. Und die Anregung, doch einmal in den Wald abzubiegen und im Camp vorbei zu schauen.
Geht mensch die Widderschneise hinein, fällt sofort ein Tripod (Dreibein) mit Hochsitz ins Auge. Er ist während dem letzten Skill Sharing Camp aufgestellt worden. Wenn er besetzt ist, können Hebebühnen und andere Fahrzeuge erst nach seiner Räumung einfahren.
Dann geht es seitlich durch ein neu gebautes Reisigtor in den Wald. Nach etwa 50 Metern beginnt das Camp. Dort fällt der neue dreistöckige „Tower“ ins Auge, der den Platz dominiert. Er ist noch nicht fertig und einiges an Baumaterial steht bereit. Vor dem Turm ist der Dorfplatz mit Tisch und Feuertonne – der Mittelpunkt des Camps. Einige Sofas sind mit Planen ob des Regens abgedeckt. Sie sollen später in das Gebäude umziehen.
Im Erdgeschoss des Towers wird gearbeitet. Heute ist das Flicken zahlreicher Fahrradschläuche an der Reihe. Der Fahrradanhänger muss wieder flott gemacht werden. Er wird gebraucht, um containerte Lebensmittel und Trinkwasser ins Camp zu bringen.
Hier steht auch ein Schalenkoffer, der im ganzen Umfeld etwas deplaziert wirkt. Nun, er könnte jemandem gehören, der auf Durchreise ist. Immer wieder machen Menschen aus der Umweltbewegung hier Station, tauschen Neuigkeiten und Persönliches aus. Das ist dann doch ein kleiner Vorteil gut erreichbar zu sein, wenn mensch auf einer Luft-Strassen-und Schienendrehscheibe wohnt. Aber Hochgeschwindigkeitsverkehr und Wald, das verträgt sich nicht. Eisenbahn, Flughafen und Autobahn schnüren uns regelrecht ein.
Die Arbeiten an den Baumhäusern sind abgeschlossen. Sie warten auf den „Tag X“ und sollen eine Räumung erschweren und verzögern. Und sie sollen deutlich machen, dass hier weiter konsequent gegen ein Terminal 3 gekämpft wird.
Auf der Hurenschneise fährt langsam ein Polizeiwagen vorbei . Er hält nicht an. Manchmal gibt es auch Besuch aus der Luft. Der Polizeihubschrauber späht mögliche Veränderungen im Gelände aus. Vielleicht hat er auch eine Wärmebildkamera, um abzuchecken wie viele Leute da sind.
Die Besetzung hat sich nach einigen Höhen und Tiefen mit einer Kerngruppe stabilisiert. Sie freut sich über Leute, die für kurz, länger oder auf Dauer vorbeikommen. Sonntagmittag sind jetzt wieder regelmässig Unterstützer*innen aus der alten Startbahnszene und der neuen Klimabewegung im Wald.
Auf die abschliessende Frage was gebraucht wird, kommt die Antwort: „Mehr Menschen!“.
Also auf Wiedersehen, und auf Wiederbesuch.“
(http://waldbesetzung.blogsport.de/2018/10/31/ein-besuch-im-waldcamp/)
Ein klares Nein gegen den Ausbau des Flughafens und die Vernichtung des Waldes aufgezeigt zu haben und für Klimagerechtigkeit zu demonstrieren; Geschichten und Erfahrungen, Gedanken und Ideen zu teilen und weiter zu entwickeln; das war die Saat, die unsere kleine Besetzung in der kurzen Zeit ihres Bestehens bis zum 6. November 2018 geschaffen hat.
Sieben Hundertschaften aus ganz Deutschland, SEK und Räumpanzer wurden sicherlich nicht nur gegen die eilig mobilisierten 20 Aktivist*innen, sondern vielmehr als Zeichen gegen den Gedanken des Widerstandes Anfang November in den Wald beordert.
Damit wurde selbstverständlich bis kurz nach der hessischen Landtagswahl gewartet; die Stimmergebnisse waren kaum ausgezählt.
Es ging hier wieder einmal um eine Machtdemonstration des Konstruktes aus Staat, Nation und Kapital, welches erneut zeigen musste, wie stark es sich fühlt.
Aber Stärke ist auch jedem der Orte zueigen, an dem Widerstand entsteht; wo sich Menschen und Ideen vernetzen und weiterbilden. Der Polizeistaat konnte zwar bislang viele dieser Orte mit einer Übermacht überrennen, aber das Gelernte und Gelebte bleibt.
Bericht zur Räumung Tag X – 06.11.2018 von Peter Illert
(auch nachzulesen auf seinem übrigens sehr informativen Blog http://waldbesetzung.blogsport.de/):
„Seit 7 Uhr 15 wird das Camp im Treburer Wald von der Polizei und Fraport geräumt.
Auf den Bäumen wird weiter Widerstand geleistet, etwa 20 Menschen sind bereits geräumt worden. Gerade hat Fraport begonnen, das Areal von ihrer Security Firma einzäunen zu lassen, Rodungsmaschinen sind aufgefahren.
Bereits am späten Montagnachmittag gab es Informationen, dass heute ein „grösserer Polizeieinsatz“ bevorstehen könnte.
Als Einsatzbeginn war „Punkt sieben Uhr“ angegeben. In der Nacht haben wir uns auf eine mögliche Räumung vorbereitet. Als es dann um sieben dämmerte und sich nichts tat, keimte schon die Hoffnung auf, dass es ein Fehlalarm sei.
Doch dann kam die Meldung, dass sich die Polizei im Norden Walldorfs zusammenzöge. Und um 7.15 kamen dann die Wannen auf dem Weg parallel zur Bahnlinie. Kurz darauf rückten Einsatzkräfte auch von der Autobahnseite vor, sie umstellten das Camp und hinderten Supporter daran, noch hinein zu kommen.
Etwa 10 Leute befanden sich am Boden, sie wurden festgenommen wegen des „Verdachts auf Straftaten wie Sachbeschädigung“. Ausserdem wäre der Aufenthalt ordnungswidrig.
Nachdem wir Bodenleute schon festgesetzt waren, kam eine Lautsprecherdurchsage mit einer
Allgemeinverfügung, wonach unsere Versammlung für aufgelöst erklärt wurde. Eine hinreichende Begründung gab es allerdings nicht.
Einige Menschen waren angekettet, so unter dem Tower und in einem Lock on im alten Bombentrichter – direkt auf dem aus Holz ausgelegtem Peace-Zeichen, desweiteren im Baumhaus “Askia” im Herzen des Camps.
Die Polizei hatte ihr genehme Presseleute schon im Vorfeld unterrichtet.
Wir wurden zur Autobahnbrücke nahe Walldorf gebracht und nach einer Personenüberprüfung/Durchsuchung entlassen. Es gab einen mündlichen eintägigen Platzverweis „für das Camp“, aber präzisiert wurde das nicht.
An der Autobahn stand eine Polizeieinheit aus NRW. In einem Auto lag vorne ein Protestplakat „I love Hambi“. Mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Trophäe.
Nach etwa vier Stunden hatten die technischen Einheiten die Person mit dem Lock-on in dem betongefüllten Fass ausgegraben und befreit. (Noch) mehr Probleme machte die angekettete Person im Tower.
Auf die Räumung der Person, welche sich der Stürmung des Baumhauses „Napf“ entzog, verzichtete die Polizei vorerst aus Sicherheitsgründen.
Die privaten Sachen der Besetzis sollten im Lauf des Tages an die Autobahnbrücke gebracht werden.
Die Rodung wird wohl in aller Eile und auch unter Flutlicht durchgezogen werden. Wir werden auch in den nächsten Tagen im und am Wald Präsenz zeigen, eventuell mit einer Mahnwache.
Der Kampf für Klimagerechtigkeit hat gerade erst begonnen !
Szene am Rande: Mensch sitzt auf dem Tripod, unten steht ein Polizist, guckt hoch: „Ich geb Dir einen KitKat und ein Getränk ,wenn Du runterkommst. “ Antwort von oben: „Zwei KitKat?“ Polizist „Ähem.“ Besetzi: „Nö, ist nicht,und eigentlich auch bei zwei nicht.“
Nachtrag: Eine Person, die sich angekettet hatte, wurde nach knapp drei Stunden aus der Vorrichtung gelöst. Sie wurde wegen Unterkühlung und um den Arm zu checken mit der Ambulanz ins Krankenhaus gefahren. Nach der Untersuchung hat sie sich via Twitter über den Support und die guten Wünsche bedank.
Nachtrag: “Schlag-Zeilen“ (Anm.: in der Frankfurter Neuen Presse: https://www.fnp.de/frankfurt/fast-1000-polizisten-loesen-protestcamp-treburer-wald-10520619.html „die Finger und alle Knochen im Körper zu brechen“) machte ein älterer Polizist aus NRW, der an der Walldorfer Autobahnunterführung eingesetzt war. Er fiel zweimal durch eine ungewöhnliche verbale und körperliche Aggressivität auf. Der Eindruck entstand, dass er komplett mit den Nerven runter war. So etwas geht überhaupt nicht, aber wünschen wir ihm, dass er die Kurve wieder kriegt
Nachtrag: Im Nordend, Westend und Bockenheim leben viele bürgerliche Ökos und lesen auch weiterhin die „gute alte Tante Rundschau“. Sie wurden jetzt von der FR-Journalistin Jutta Rippegather in ihrem Kommentar „Gefühl der Machtlosigkeit“ ein wenig verprellt oder zumindest hoffentlich aus dem Wohlfühlmodus gerüttelt
Sie schrieb, das Gefühl der Machtlosigkeit wäre bei den Besetzer*innen deutlich zu spüren gewesen. Die meisten hätten „kampflos aufgeben“
(Was nicht so stimmt, finde ich…).
Das sei aber auch darauf zurückzuführen, dass sich die Solidarität der bürgerlichen Szene in Grenzen hielte. Kaum jemand hätte es für nötig gehalten, die jungen Leute in den Bäumen durch Anwesenheit zu unterstützen.
“Man kann nicht nur auf Montagsdemos gehen, sondern muss auch mal in den kalten Wald, wenn es erforderlich ist.“
(Ach, es wäre schon mal was, wenn sie auf die Montagsdemos gehen würden…).“ (http://waldbesetzung.blogsport.de/2018/11/06/waldcamp-wird-gerade-geraeumt/)
Für die Menschen und Wesen, welche die Besetzung aufgebaut und mit Leben gefüllt haben war die Räumung zuallererst ein riesiger Verlust; ein Verlust und Abschied von Zuhause und einem lieb gewonnenen, lebendigen Ort sowie von dem Ziel und der Aufgabe, diesen zu schützen.
Solidarität kann helfen, den Verlust zu überwinden, neue Wege und Orte zu finden, um am Ende unsere Utopien ein Stück weiter zu verwirklichen.
Und auch das Wissen, dass dieser Ort für viele , egal ob kurz oder über längere Zeit, ein wichtiger Erfahrungsraum in ihrem Leben war.
Viele wurden an diesem Ort sensibilisiert für die Einzigartigkeit der Erde mit ihrer komplexen Schönheit; und das, was Menschen, die hier waren, mitgenommen haben an Erfahrungen, Fähigkeiten und Beziehungen mit Menschen und Natur kann ihnen niemensch mehr nehmen!
Die immer weiter voranschreitende Zerstörung von Lebensgrundlagen und der große Wille, dem gemeinsam entgegen zu stehen, verbindet den Widerstand und gelebte Utopien eines sozialökologischen Zusammenlebens weltweit- ob nun gegen Kohle bei StopAdani in Australien, im Hambi und im PontValleyCamp in England, in Rojava gegen Daesh und Türkei sowie gegen Flughafenausbau bei GrowHeatrow, London, la Z.A.D. bei Notre-Dame-des-Landes, in Wien, München oder in Porto Alegre (https://www.kooperation-brasilien.org/de/themen/landkonflikte-umwelt/firma-fraport-mauert-in-porto-alegre-gegen-kinder-auf-dem-weg-zur-schule) hier in TreburBleibt.
Wir, die ehemaligen Bewohner*innen und Unterstützer*innen des Treburer Waldes vermissen um unsere Freund*innen, unsere Bäume, unsere Häuser und unseren Ort des Widerstandes.
Wir sind traurig und wütend.
Daraus kann und wird uns neuer Mut erwachsen, um unsere Ideen und Erfahrungen weiter zu tragen und nicht aufzugeben.
Keep loving and fighting!
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